Kaisers Tanne Wirtshus
In Kaisers Tanne Wirtshus sind wir schon generationsübergreifend zu Gast. Zu allererst im Restaurant, später öfter im Hotel.
Im Frühjahr 2023 beabsichtigen wir, wiederzukommen, wenn es der liebe Gott und unsere Gesundheit zulässt.
Aus diesem Anlass habe ich nun in die verborgenen Speicher meines Computers geschaut und einen Reisebericht von 2010 gefunden, den ich hier noch einmal unterbringe. Weil es so schön ist.
Wenn wir von zu Hause aus kommen, ist allein schon die Anfahrt ein kleines Erlebnis. Wir fahren durch Baden-Baden über die B500, die dann zur Schwarzwald-Hochstraße wird. Weiter nach Süden passieren wir die Ortenau, wo wir auch schon wunderschöne Ferien während der Baumblüte verbracht haben. Eine Abfahrt hinunter nach Sasbachwalden hat mit die besten Ausblicke, die der Schwarzwald bietet.
Die B500 mündet bei Hinterzarten, aber so weit braucht man nicht, kurz vorher ist man bei Kaisers Tanne.
Kaisers Tanne Wirtshus 2010

Es ist jetzt cirka 35 Jahre her, als wir, von Hinterzarten kommend, auf einer Ausflugstour auf der B500 fuhren und uns ein wunderschönes, typisches Schwarzwald-Haus regelrecht ins Auge sprang. So etwas, in dieser gelungenen Mischung von gepflegtem Schwarzwald-Ambiente und kulinarisch-uriger Gemütlichkeit kannten wir in dieser kompakten Mischung noch nicht.
Wir hielten an, kehrten ein und reicherten unsere Seele an mit dieser Atmosphäre, die man leider nicht mitnehmen kann, sondern bewusst in den wenigen Momenten, die sie einem zur Verfügung steht, in sich aufnimmt.
Wir sind dann öfter im Restaurant gewesen, wenn wir in der Nähe – meist in Hinterzarten – ein Quartier hatten. Von daher stammt auch die Begegnung mit dem alten Herrn Kaiser, als ich so vermessen war, ihn zu fragen, warum es Pils-Bier nur aus Flaschen, aber nicht gezapft gibt. Der mir sehr sympathische Herr Kaiser hat auf diese Frage allerdings sehr unwirsch reagiert und mir erklärt, warum er diesen Aufwand
(Sauberhaltung der Bierleitung) nicht treiben könne. Ich habe ihm die Erklärung nicht abgenommen, die Wirtshäuser in der Umgebung konnten es ja auch. Der Sympathie ohne Gegenseitigkeit für den Konditormeister Kaiser, der dieses wunderbare Haus führte, tat das keinen Abbruch. Er kam nun mal aus einem reinen Weinland (Markgräfler Land), wie ich jetzt erfahren habe und da ist Bier ein Reizwort. Aber es soll es einmal in der Woche zum Spanferkel gegeben haben, wenn ich seinen Schwiegersohn vor einigen Tagen richtig verstanden habe.
Eines Tages – ist ja auch schon 30 Jahre her – wohnten wir dann mal selbst im Tanne-Wirtshus und hatten ein Zimmer mit Blumenbalkon zur Straße hin. Die Toilette war auf dem Flur. Für mehrere Zimmer. So richtig verstanden haben das meine Eltern nicht, sie lebten damals noch und hatten eine komfortable Ferienwohnung in der Nähe. Zimmer ohne Dusche und WC war auch damals schon ein Auslaufmodell. Sie konnten ja auch nicht wissen, dass zwischen dem Tanne-Wirtshus und uns eine kleine Liebes-Beziehung besteht, die keiner verstehen braucht. Morgens kam Frau Kaiser mit dem Gießkännchen und goß die Balkonblumen. Höchstpersönlich. Ob wir noch im Bett lagen, weiß ich nicht mehr so genau.
In Erinnerung ist mir von damals auch noch der weitgereiste Schweizer, mit dem wir uns unterhielten und der uns erzählte, kein Land in der Welt sei für ihn von solch einem Reiz, weil die Schwarzwaldhöhen in ihrem Schwung der Berge unvergleichlich seien. In der Schweiz gäbe es eher die schroffen Höhen. Gewohnt hat er ein paar hundert Meter weiter bei Faller, weil es dort billiger sei.

Wer heute zu Kaisers Tanne kommt, sieht unten im Empfangsbereich ein Bild von Herrn und Frau Kaiser.
Der junge Mann von damals, der die Tochter geheiratet hat – wir haben das mitbekommen – ist natürlich inzwischen der Chef des Hauses, hat drei wohlgeratene, inzwischen erwachsene Kinder und macht die Honneurs. Er kocht auch selber, wenn Not am Mann ist.
Wir konnten Anfang Oktober noch für zwei Tage – von Donnerstag bis Samstag – unterkommen. Mit viel Glück. Der Herbst ist meist sehr gut gebucht, am Wochenende sowieso. Die Eheleute Kaiser sind verstorben, das Zimmer ohne Du-WC gibt es auch nicht mehr. Das letztere haben wir nicht vermisst, mit Herrn Kaiser hätte ich gerne noch ein Glas Gutedel getrunken.

Inzwischen ist Kaisers-Tanne-Wirtshus kein Wirtshus mehr. Es nennt sich jetzt Ferienhotel Kaisers Tanne. Das wird zwar der Wirklichkeit gerecht, ich finde es aber trotzdem etwas schade.
Ich mag die urig-alemannische Bezeichnung. Der Ort Breitnau ist nicht unbedingt der Touristenmagnet im Schwarzwald. Muss er auch nicht sein, aber übel ist es dort nicht. Das Ferienhotel liegt allein außerhalb des Ortes, an der verkehrsreichen B500, was aber keine Beeinträchtigung darstellt.
Wenn sich Herr Kienzler, der junge Mann von damals, mit seinen Gästen unterhält, weist er darauf hin, dass sich der Gästestamm aus Leuten rekrutiert, die seit mehreren Jahrzehnten Stammgäste sind. Wie wahr. Der biologische Schwund dieser Personengruppe scheint die Auslastung des Hotels nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Es fahren ja auch immer junge Leute, die Augen im Kopf haben, mit dem Auto vorbei. Es werden genug davon anhalten, um dem Haus den Nachwuchs an Stammgästen sicher zu stellen. Wir konnten das feststellen.
Während unserer kurzen Anwesenheit waren Gäste aus der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden und Luxemburg im Haus. Auch ein Engländer, der sich augenscheinlich sauwohl fühlte. In Hirschledernen. Ich habe ihm gesagt, damit ginge er als vollwertiger Deutscher durch und er möge das als Kompliment auffassen. Was er auch getan hat. Ich habe ihn auch fotografiert und ihm mitgeteilt, das Foto der Times zur
Verfügung zu stellen.

Wenn man sich ein logiert, wird Halbpension empfohlen. Das lehnen wir normalerweise ab, weil wir lieber à la carte essen. Wir haben aber die Argumente der sympathischen Rezeptionistin befolgt und es nicht bereut. Die Fünf-Gänge-Halbpension ist wirklich vom Feinsten. Sie beginnt mit einem Vorspeisen-Buffet. Solche Schmankerln wie Rehpastete inbegriffen. Dann schließt sich eine Suppe an und meist ein Fischgericht, das man auch als Vorspeise wählen kann. Das anschließende Hauptgericht ist z.B. Rinderfilet und die Nachspeise können gebackene Apfelküchle sein. Bedient wird man ausschließlich von nett anzuschauenden weiblichen Personen in Tracht, die ihr Handwerk verstehen. Schade, dass ich sie nicht fotografiert habe. Ich habe die männliche Bedienung nicht vermisst. Wenn ich was vermisst habe, war es eigentlich nur der Barbetrieb.

Und es ist so eine gemütliche Bar, die leider meist verwaist ist, die Mädchen bedienen die Gäste, die sich dorthin begeben, mit. Die Gäste säßen in ihren Zimmern lieber vor dem Fernseher, war zu hören. Da haben wir das Generationsproblem, bereits beim Frühstück war mir der sehr gehobene Altersdurchschnitt aufgefallen. Einheimische kommen offensichtlich wenig ins Haus und schon gar nicht in die Bar. Vielleicht könnte da ein gewiefter Barkeeper Abhilfe schaffen. Wenn es gewollt wäre.

Als Halbpension-Bucher brauchten wir uns natürlich um unseren Platz im Restaurant keine Sorgen zu machen. Wir hatten einen schönen Tisch mit Blick auf die Theke und die Prozession der Vorspeisengänger, die bei uns vorbei defilierten. Plätze für Gäste, die mal so vorbei kommen, gibt es dann kaum noch. Am zweiten Abend saß uns allerdings ein Paar gegenüber, das von außerhalb reserviert hatte. Wir konnten schon feststellen, dass es für sie etwas Besonders war, hier dinieren zu können und erinnerten uns an unser Zeit vor dreißig Jahren.
Was uns noch auffiel? Das innovative Schließ-System für Zimmer und Safe. An der Rezeption gab es die Bild-Zeitung. Aua. Das Schwimmbad war immer gut frequentiert. Danke, dass wir da sein durften.
Heinz Elflein
2010
