Boing - Marillenknödel

Wenn in unserer geliebten Wachau im Juli die Marillen reif sind, sind wir gerne da. Da stehen Bauern am Straßenrand und verkaufen die frisch gepflückten Früchte. Meist sind es Omas mit Knitterfalten. Manchmal sind aber auch junge hübsche Frauen dabei, die es ja auch in Österreich geben soll. Mundraub begehe ich nicht, weil ich im allgemeinen ein ehrlicher Mensch bin, der höchstens das Finanzamt übervorteilt, weil ich meine Milloneneinnahmen aus der Schriftstellerei nicht deklariere.

Dann sitzen wir auch gerne in einem der gemütlichen Gastgärten an der Donau und essen Marillenknödel. Mit Vanillesauce. Um die Ortschaft Spitz gibt es besonders viele Stände. Spitz soll dem Vernehmen nach seinen Ortsnamen im Mittelalter wegen einer hervorstechenden Eigenschaft der männlichen Bevölkerung erhalten haben. Spitz war auch mal bairisch und da wundert gar nix mehr.

https://www.gutekueche.at/marillenknoedel-mit-topfenteig-rezept-784

Die Ortschaft Melk an der Donau mit dem gleichnamigen Bendiktinerkloster ist das „Tor der Wachau“.

https://www.niederoesterreich.at/stadt-melk-an-der-donau

Im Jahr 831 wird Melk erstmals urkundlich als Medilica erwähnt. Im Nibelungenlied hatte der Ort den mittelhochdeutschen Namen Medelike. Wer hinterhältige Gedanken hat, könnte den Ortsnamen heutzutage in Bezug auf Touristen auch anders interpretieren. Ich tue das nicht, seien Sie sicher. Hier geht es um Marillen. 

In Willendorf an der Donau steht eine 30000 Jahre alte Statue, die „ Venus von Willendorf“ genannt wird. Sie wurde 1908 gefunden.

Die symmetrische Skulptur ist rund elf Zentimeter hoch und stellt eine nackte, adipöse Frau dar. Das Original steht im Museum in Wien. Mir ist egal, was Wissenschaftler da hinein interpretieren.

Für mich steht fest, dass die Dame schon damals reichlich Marillenknödel genossen haben muss. Man sieht es deutlich. Zum Reinbeißen, wenn es ein Backwerk wäre. Wenn es so sein sollte, dass es auch ein Wachauer Schönheitsideal in der heutigen Zeit ist, dem fleißig von den Marillensammlerinnen nachgeeifert wird, wundere ich mich stark, davon niemals ein Foto im Playboy gesehen zu haben.

Was mir aufgefallen ist, ist die Namensähnlichkeit zwischen Marillen und Mariandl. „Mariandl-andl-andl, Du hast mein Herz am Bandl Bandl“, wird meist von Frauen gesungen. Warum das so sein muss, entzieht sich meinem rationalen Verständnis. Eine emotionale Beziehung bekommt der Text allerdings, wenn ich daran denke, mit meinem Mariandl irgendwo in der Wachau in einem Gastgarten an der Donau zu sitzen und sie das Dirndl aus Krems trägt, das wir zusammen vor sehr sehr langer Zeit dort gekauft haben.

https://www.youtube.com/watch?v=1waG0q-J71o

 

 

Im Prandtauerhof zu Joching haben wir während einer Rückfahrt auf dem Donau-Radweg Passau-Wien übernachtet. Sehr sympathische Besitzer. Es gibt eigene Weine und es hat eine Spitzenküche. Von der Galerie schaut man in den malerischen Hof. Das Zimmer war nicht gerade billig.

Es war es uns aber wert, vor allen Dingen, weil wir uns nach einem der hervorragenden, Holzapfel-Wein-geschwängerten Menüs im Hof sofort zur Ruhe begeben konnten. Wenn ich das so schreibe, möchte ich sofort wieder hin.

So entstand der Wunsch, doch auch einen Marillenbaum bei uns im Garten zu haben. Von der Donau sollte er sein. Bei der Gärtnerei Hick in Weißenkirchen haben wir ihn gekauft. Im Jahre 2007.

Es war etwas kompliziert, weil das Fahrrad dabei war. Und alles Marillen-Ähnliche, was wir in der Wachau ergattern konnten.



Nicht vergessen möchte ich aber – wenn wir schon mal in Gedanken in Joching sind – das Weingut mit den drei „J“ . Josef Jamek Joching.

„Großvater Josef Jamek, der als Doyen des Weinbaus in der Wachau gilt und seine Frau Edeltraud gründeten dieses Traditionsunternehmen. Eine Tradition, die schon über 100 Jahre zählt.“

https://www.jamekwein.at/

 

Übernachtet haben wir dort mehrfach, Wohlfühlfaktor inclusiv.

Zur Übernachtung in unserem Haus stehen 3 Doppelzimmer mit Blick auf Joching, die Donau und die Weinberge zur Verfügung.
Ihr Weg führt über die Terrasse unseres Restaurants und eine Außenstiege zu unseren Zimmern.“ 

Als wir 2012 noch einmal dort waren, stand ich gerade am Anfang meiner Bachforellen-Findungs-Phase. Wer sich auskennt, weiß, dass man Bachforellen in deutschen Restaurants normalerweise nicht bekommt. Stehen sie auf der Karte, betuppt das Restaurant seine Gäste, wie wir es immer wieder erlebt haben, es sind "nur" Regenbogenforellen.  Das ist aber ein Thema, das ich vielleicht anderweitig noch einmal behandeln werde. Die echten Bachforellen, die wir seinerseits aus dem Waldviertel geholt hatten, wurden uns vom Küchenchef Herrn König von Jamek zubereitet, der das offensichtlich sehr gerne getan hat.

Zurück zu dem Marillenbäumchen.

 

So kam das Bäumchen 2007 bei uns in die Erde, begann zu wachsen, im Frühjahr zu blühen und bescherte uns in Jahren, in denen es nicht so kalt war, tatsächlich eine kleine Ernte, was uns fürchterlich stolz machte. Hatten wir doch einen echten Österreicher entführt.

 

Aber was sagte schon Friedrich Schiller? Sie kennen den Spruch vom bösen Nachbarn? In diesem Fall war die Nachbarin nicht gewillt, "Ihren" Pilz an ihrem  Kirschbaum zu bekämpfen. Mein Ärger nutzte aber unserem Marillenbaum wenig, er wurde auch befallen und ich habe Jahr für Jahr dagegen gekämpft. Letztendlich habe ich 2021 den Kampf verloren und beschlossen, den Platz frei zu machen. Geplant ist ein Pflaumenbaum. Will nicht wieder einen Österreicher heim ins Reich entführen.

Wie manche Aussis aber so sind. Der Baum war hinterlistig. Nicht die Marillenzweige selber, die waren ja nur aufgesetzt und veredelt, sondern der Stamm darunter. Als ich ihn ausgraben wollte, konnte ich merken, dass der schon ziemlich morsch vom Pilz war. Dachte ich nun, ich könne durch Hin-und-herbewegen die Wurzeln lösen, war das ein Fehlschluss. Der Stamm brach in der Mitte durch, ich verlor das Gleichgewicht und knallte mit dem Hinterkopf auf das Pflaster neben dem Rasen.

Mein Psychopathentrainer meint nun, ich wäre für meine Handlungen nicht mehr verantwortlich. Ich kann jetzt ungestraft tun, was ich möchte.

Als eine nahe Verwandte zu Besuch war, meinte sie, ich könne den Ast auch nutzen, um Einbrecher zu vertreiben. Die Idee hatte ich auch schon, weiß nur noch nicht, ob ich ihm das Nasenbein oder die Schädeldecke brechen soll. Knirscht ja jeweils irgendwie anders. Die Idee mit dem Einbrecher hatte ich schon öfter, wenn ich z.B. eine Pfanne vom Esstisch in die Küche bringe. Dabei ist mir allerdings noch nie ein Einbrecher begegnet und ich überlege nun, ob ich als Anreiz nicht die Haustür einen Spalt offen lassen soll.

Wir werden sehen, lesen Sie die Zeitung, vielleicht sehen Sie demnächst ein Bild von mir.

Aus den beiden Reststücken forme ich andächtig ein Kreuz. Zunächst liegt es im Garten, um Vampire abzuhalten, die ich in den Abendstunden schon mal als Fledermäuse getarnt herumfliegen sehe. Die ich sowieso verdächtige, den Pilz zu verbreiten. Vermutlich sind sie auch an Corona schuld, weil ihr Fleisch nach China exportiert worden ist, wo die armen Leute keine Marillenknödel haben.

Das Marillenkreuz muss geweiht werden. Mit oder ohne Einbrecherblut. Dafür muss es zurück in die Wachau. Auf heiligen Boden. Oberhalb von Marbach an der Donau in Niederösterreich liegt Maria Taferl im Nibelungengau auf einer Anhöhe.

Das Gebiet um Maria Taferl gehörte im Mittelalter unter anderem zum Gebiet der inzestiösen Habsburger.  Dabei lag es längere Zeit im Gebiet der Herren von Weißenberg. Und hier schließt sich der Kreis zum Weißenberger Weg in 41462 Neuss. Betrachte uns als legitime Nachfolger.

 

Gegessen haben wir seinerzeit im Hotel Schachner.

 

Hätte nie gedacht, dass wir mit zu einer Reliquie erhobenem, abgebrochenem Baumstamm, beabsichtigen, eventuell wieder zu kommen und eine heilige Handlung zu begehen.

Das wärs eigentlich mit den Marillen und Bachforellen.

Weil Sie aber bisher so tapfer durchgehalten haben, noch ein kleines Schmankerl:

Es heißt Loibner Hof, Familie Knoll, in Unterloiben und beherbergt den nach meiner Ansicht idyllischsten Gastgarten in der Wachau, direkt an der Donau, unter Apfelbäumen.

Auch die Speisekarte ist bemerkenswert. Kann sie leider hier nicht verlinken.

 

Unterloiben liegt nahe an Dürnstein, dem mittelalterlichen Touristenort mit den blauen Kirchtürmen. Man sollte sich Dürnstein wirklich ansehen.

Ein historischer unfreiwilliger Gast war Richard Löwenherz, der vom 21. Dezember 1192 bis zum 4.Februar 1193 auf der Burg Dürnstein gefangen gehalten wurde und gegen Zahlung von Lösegeld wieder frei kam. Auf Burg Trifels in der Pfalz wartete das nächste Verlies auf ihn.

https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_L%C3%B6wenherz#Gefangenschaft_bei_Kaiser_Heinrich_VI.

Wer die Biografie von Richard liest, wird nicht unbedingt nachträgliches Mitleid empfinden.

Wer es sich leisten kann, findet heute im Relais & Châteaux Hotel Schloss Dürnstein sein Lotterbett ohne Ketten und Nachttopf. Sonderpreis im Mai 2021 für das Doppelzimmer 190 €.

Das teuerste Zimmer ab 348 €. Auch Sonderpreis. Der Platz auf der Terrasse ist einzigartig. Wir haben sie seinerzeit verlassen, weil der Ober uns keinen Schattenplatz an einem der freien Tische überlassen wollte.

So können wir nicht über die Qualität der Küche berichten, aber das ist kein Nachteil.

Verkehrsmittel

Wenn man von Neuss am Rhein nach Melk an der Donau über die Autobahn fährt, hat man 857 km vor sich. Ein guter Grund, unterwegs zu übernachten und da gibt es sehr gute Möglichkeiten, sowohl landschaftlich, als auch kulinarisch. Wir verlassen die Autobahn gerne hinter Nürnberg. Dann sind es immer noch 400 km und man braucht 8 Stunden. Von Passau aus sind es noch 175 km, aber man fährt an der schönen blauen Donau entlang.

Wir sind auch mehrfach von Düsseldorf nach Wien geflogen und haben einen Leihwagen genommen. Bis Krems sind es vom Flughafen aus 95 km. Würden wir aber nicht wieder tun.

Die 95 km reservieren wir lieber für eine Fahrt auf der Landstraße der Donau entlang. Außerdem halte ich einige Leute an der Leihwagen-Rückgabe für kriminelle Versicherungsbetrüger, die Wiener Polizei interessieren die Machenschaften nicht.

Das wäre es denn. Hoffe, Ihnen hat es beim Lesen ebensoviel Spaß gemacht, wie mir beim Schreiben. Wenn Sie noch etwas wissen möchten, melden Sie sich. Vielleicht trinken wir einen Zweigelt miteinander.

 

 

Heinz Elflein

22.05.2021