Donauradweg

Ich habe hier einen Reisebericht von 2007 aufgewärmt. Weil es so schön war. Kulinarisch und Radfahrer-mäßig. Vieles hat sich zwischenzeitlich verändert. Betriebe gingen in Insolvenz. Herr Jamek in Joching wäre heute über 100 Jahre alt, wenn er noch leben würde. Nichts kommt wieder. Es ist aber nicht verboten, zu versuchen, etwas neu aufzuwärmen. Vielleicht mit einem Elektrorad.

https://www.donauregion.at/

https://www.donauregion.at/touren.html?tourid=1528883#dm=1 

330 Kilometer von Passau nach Wien

Startpunkt, der über 330 Kilometer entlang des Donaustroms, ist die deutsche Grenzstadt Passau. Alternative: Schärding am Inn. Von dort aus fährt man – größtenteils an beiden Ufern der Donau – über Linz nach Wien. Dabei wird die Wachau mit ihren Weinbergen durchquert und man kommt an zahlreichen Klöstern, Burgen und Ruinen vorbei. Die Wege sind zum Großteil gut ausgebaut, teilweise radelt man über ruhige Dorfstraßen und Treppelwege. Der Donauradweg ist ebenso mit dem E-Bike befahrbar.

Länge: 330 km
9 Etappen:
Besonderheit: Radfahren entlang des UNESCO Weltkulturerbes Römischer Donaulimes mit zahlreichen Fundstätten

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https://www.donauregion.at/touren.html?tourid=1528883#ipd=6515064 

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Vom Radwanderweg Passau – Wien hatte ich beiläufig schon öfter gehört. Etliche Leute, die ihn ganz oder teilweise befahren haben, gehören zu meinen Bekannten. Näher unterhalten haben wir uns darüber nie.
Bei der Planung für die Trampeltour fand ich Unterstützung bei meiner lieben Frau, die sich bereit erklärte, mich mit dem Auto zu begleiten, Quartier für uns zu machen und so nebenbei das Gepäck zu befördern. So warteten wir denn Anfang Juni 2007 gutes Wetter ab, setzten das Fahrrad samt Träger auf die Anhängerkupplung meines Autos und starteten Richtung Passau.

Natürlich hatte ich die Route vorher durchgeplant. Vor allem aus dem Internet holte ich mir wertvolle Informationen. Dass mein Programm während
der Reise vor Ort von der Wirklichkeit überholt werden würde, war mir dabei klar, es war ja im Prinzip so gewollt. Immerhin, die ersten beiden Tage hat es noch übereingestimmt.

Rad und Strecke


Allgemein ist zu lesen, die Strecke sei nicht besonders schwierig, habe keine Steigungen und der beständige Westwind trage den Fahrer wie auf Flügeln nach Wien. So war es zumindest auf einer Internetseite aus Österreich zu lesen, die allerdings nicht verschwieg, dass es gelegentlich auch östliche Winde geben könne. Wie wahr. Nun, ich muss sagen, ich hatte zwar meistens Ostwind –
worüber ich unterwegs ausgiebig und unhörbar vor mich hin gegrantelt habe – der Ostwind war aber auch Garant für gutes Wetter. Ich hatte in dieser Woche auf dem Rad keinen einzigen Regentag. Petrus sei im Nachhinein ausdrücklich dafür gedankt. Wegen meiner körperlichen Konstitution machte ich mir keine Sorgen, meine Beinmuskulatur ist kräftig ausgebildet. An dieser Stelle möchte ich jedoch ausdrücklich jene warnen, die glauben, die Strecke sei eine Spazierfahrt. Ist sie nicht. Jeder Kilometer muss schließlich gestrampelt werden und wenn man die Tour in einer Woche absolvieren möchte, fährt man halt durchschnittlich 50 km pro Tag. Nichts für Untrainierte. Die 50 km sind normalerweise in maximal 4 Stunden absolviert, warum soll man also weniger fahren. Die letzten Kilometer habe ich an einigen Tagen in sengender Sonne ganz schön gegen den Wind angebissen. Und wenn ich manchmal so vor mich hin stampfte, war ich doch zunächst bass erstaunt, wenn mich - mir nichts, dir nichts - Radler(innen) im Fluge überholten, denen ich diese körperliche Leistung nicht zugetraut hätte.

Landschaftlich ist der Radweg meist wunderschön, wenn man von der industriellen Wegbegleitung bei der Umfahrung von Linz absieht. Er ist auch sehr gut ausgeschildert, man kann sich kaum verfahren. Ob man die nördliche (linke) oder südliche (rechte) Donauseite nutzt, ist unerheblich, weil der Weg auf großen Strecken auf beiden Seiten des Stroms verläuft. An einigen Stellen ist er jedoch unterbrochen, dann wartet aber eine Radfähre zum Übersetzen auf die andere Seite. Dies ging im Juni problemlos, es ist jedoch damit zu rechnen, dass es während der Hauptsaison zu Staus kommt, die Fähren sind nicht sehr groß, es sind eher größere Boote. Die Fährleute sind meist sehr freundliche Leute. Die gewählten Beherbergungsbetriebe hatten ausnahmslos einen sicheren und überdachten Platz für das Fahrrad. Man ist sehr stark auf Radfahrer eingestellt.

Hinreise
Nach der längeren Anfahrt mit dem Pkw brauchten wir erst mal eine
Übernachtungsmöglichkeit. In der 50.000-Seelen-Stadt Passau sollte es nicht unbedingt sein, lieber etwas außerhalb. Obwohl die Drei-Flüsse-Stadt ein durchaus ansehnlicher Ort mit stark südlichem Flair ist.  Laut Reiseplanung sollte der Faberhof in Freiberg-Hinding die erste Anlaufstelle sein

Landgut Faberhof, A-4785 Freiberg, Hinding 18,

Der Faberhof erwies sich als gute Wahl, sowohl was Übernachtung als auch die Küche anbetraf. Es gibt zwar keinen Donaublick, aber von den hinteren Balkonen Sicht auf die Idylle von Wiese und Wald. In den anheimelnden Gaststuben darüber hinaus eine gute österreichische Küche.
Bachsaibling und Zwiebelrostbraten haben geschmeckt. Es gibt auch einen schattigen Gastgarten. Aus Passau kommen etliche Gäste zum Essen herüber. Der Name „Faberhof“ verweist übrigens auf das Besitztum der Faber-Castell Familie. Herr Peter Forstner führt den Betrieb sehr souverän.

Erster Tag: Von Hinding nach Obermühl
So begann denn am nächsten Morgen das kleine Abenteuer. Rechtes Donauufer, in Engelhardszell per Radfähre auf linke Donauseite, Niederranna, in Schlögen zurück auf rechte Seite, Inzell, per Fähre auf die linke Seite nach Obermühl, Gesamtstrecke ca. 44 km, stand auf meinem Plan.

Wir trafen uns vereinbarungsgemäß in Obermühl. Als ich auf die „Radfähre“ zu hielt, sah ich auf der anderen Seite der Donau schon unseren Wagen stehen. Marianne hatte eine Fähre vor mir
übergesetzt. Alleine, ohne weiteren Fahrgast. Es war das einzige Mal, dass eine vermeintliche Radfähre auch einen Pkw befördern konnte. Mit der nächsten Fähre kam ich und das Rad. Auch als einziger Passagier. Marianne erwartete mich schon vor dem Gasthof Gierlinger. Wir hatten einen hervorragenden Blick vom Gemeinschaftsbalkon auf den Donaubogen.

Gegessen haben wir ganz vorzüglich im Fischgasthof Aumüller. Es gab Saibling und gegrillten Wels, wie wir beides im Laufe dieser Reise nicht mehr besser bekommen sollten. Das ganze im urigen Gastgarten und umgeben von Radfahrern, die ich im weiteren Verlauf der Tour bis Wien mehrfach wieder treffen sollte. Imponiert hat mir die Rentnertruppe. Alles Leute über 70, aber topfit.

Zweiter Tag: Von Obermühl nach Wilhering
„Links bis Oberlandshaag, über Brücke nach Aschach, rechts weiter Ottensheim, Wilhering, 43km“, stand auf der geplanten Route für den zweiten Tag. Kurz vor Wilhering gab es dann pseudo-winterliche Empfindungen. Der Radweg war auf mehrere hundert Meter mit Baumblüten „eingeschneit“ und während ich trat, wehten mir die Blütenflocken ins Gesicht.

Landgasthof Dieplinger ,

Kurz nach Aschach der Landgasthof Dieplinger, in Brandstatt, direkt am Radweg, mit schattigem Gastgarten an einem kleinen Bootshafen. Im Gästehaus hatten wir einen Riesenbalkon mit Blick auf die Donau, links nach Aschach, rechts bis zum Donauknick, er nennt sich „Eferdinger Becken“. Gastgarten und Restaurant sind sehr gemütlich, die Speisen ansprechend. Mir hat der Topfenstrudel sehr gut geschmeckt. Mit dem Spargel hatte Marianne Pech, er war holzig. Von den Obstbränden haben wir uns zwei Flaschen mitgebracht: Weichsel und Kriecherl, etwas Seltenes.
Aschach lag nahe, es war auch noch viel Zeit, das nette Städtchen zu besuchen.

Dritter Tag: Von Mauthausen nach Grein

Das nächtliche Gewitter hatte sich verzogen. Aber das Wetter wurde zunehmend schlechter, es drohte Regen und die industrielle Umgebung von Linz reizte mich keineswegs, sie per Rad zu befahren. So trug uns unser Diesel bis hinter Mauthausen auf der nördlichen Donauseite. Dort nahm ich die Tour wieder auf. Wegen der nicht per Rad zurückgelegten 22 km schämte ich mich keineswegs, es warteten nun weitere 48 km bis Grein auf mich. Unter ständiger Gewitterdrohung und verbissenem Ankämpfen gegen den starken Ostwind. Als das Wetter sich wieder besserte, war ich auch schon in Grein auf dem Marktplatz, wo ich meinen großen Durst stillen konnte und Weggefährten wieder traf, die an diesem Tag noch weiter bis Melk wollten. So circa 100 km Tagesleistung. Alle Achtung.
Marianne hatte schon im „Goldenen Kreuz“ Quartier gemacht und unser Diesel stand sicher im abgeschlossen Viereck des Hotelparkplatzes, wohin sich dann auch mein Hollandrad gesellte.

Grein ist ein schon sehr südlich anmutendes Städtchen mit einem mittelalterlichen Marktplatz, der sich Stadtplatz nennt. Von der Terrasse des „Goldenen Kreuz“ aus lässt sich das Leben und Treiben gut beobachten, während man sich gastronomischen Freuden hingibt. Hotel und Restaurant sind wirtschaftlich getrennte Betriebe und beide nehmen keine EC- oder Kreditkarten. „Der Geldautomat hängt in der Bank nebenan.“ Die Straßen der Stadt waren am Vorabend von Fronleichnam mit jungen Bäumen geschmückt. Es machte alles einen sehr heimeligen Eindruck.
Wer nett mit den Leuten redet, bekommt manchmal nützliche Tipps. So warnte mich die Bedienung, die Radtour auf der nördlichen Seite fortzusetzen, der Radweg führe über die stark befahrene Landstraße, ich solle lieber übersetzen. Hat mir geholfen, nachträglich vielen Dank.

Vierter Tag: Von Grein nach Spitz
Meiner ursprünglichen, am Computer geplanten Tagesleistung war ich nun etliche Kilometer voraus. So wollte ich an diesem Tag etwas kürzer treten. Dass es trotzdem mehr als 70 Kilometer werden würde, wusste ich an diesem Morgen noch nicht, als ich mich an der Radfähre einfand.

Die Warteschlange an der Fähre war lang. Als ich ankam, legte die Fähre gerade ab und es gelang mir mit knapper Not als letzter Passagier die nächste zu bekommen, wobei ich aber schon über alle Räder auf der Fähre steigen musste. An diesem Fronleichnamstag waren also, wenn man es hoch rechnet, bereits Tausende auf dem Donauradweg unterwegs, die sich natürlich auf der Strecke verteilten.
Es erwartete mich nun landschaftlich eine der schönsten Teile der gesamten Strecke, die mich in dieser Beziehung bisher nicht enttäuscht hatte. Auch der kräftige Ostwind bei sengender Hitze war wieder da, daran gewöhnen konnte ich mich nicht. Immerhin gelang es mir nun, ein hochpfundiges Damentrio zu überholen, die mich am Tag zuvor noch mit ihren schnellen Crossrädern düpiert hatten. Na ja, wer so viel Angriffsfläche für den Wind bietet, muss ihm eben Tribut zahlen.
Kurz vor Ybbs bewegte ich mich über die Donaubrücke wieder auf die nördliche Seite nach Persenbeug und kam dort in die Prozession. Entlang der Donauschleife erwarteten mich einige beschauliche Dörfer mit ausgewiesenen, herrlich gelegenen Baugrundstücken. Kam doch der
Verdacht auf, sie seien bei Hochwasser keine sichere Bleibe. Unterwegs sah ich hoch oben in der Ferne immer wieder den imposanten Bau von Maria Taferl, den ich zunächst für das Stift in Melk hielt, was aber wegen der Entfernung nicht möglich war. Marianne erwartete mich in Marbach, wo wir aufgrund der angepassten Planung eigentlich die nächste Übernachtung einlegen wollten. Ich war zwar schon durstig,
aber kräftemäßig noch voll im Saft und so beschloss ich, noch bis in die Gegend von Melk weiterzufahren und nur eventuell haltzumachen, wenn Marianne ein schönes Hotel „ins Auge stechen“ sollte. Die Mobilfunkverbindung war vereinbart. Leider hat sie an diesem Tag schlecht funktioniert.
So radelte ich denn weiter über Krummnußbaum, Klein-Pöchlarn, Richtung Melk. Unter der Brücke bei Emmersdorf wollten wir uns treffen. Zwischenzeitlich waren meine Knie geröstet und ich beschloss, zur Vorbeugung auf einen Sonnenstich, mir eine Mütze zu kaufen. Sie trägt die Inschrift PW, was Passau-Wien bedeuten soll. Von ihr ist noch zu reden.
In Emmersdorf angekommen, wartete Marianne immer noch an der Brücke. Ich hätte es nun gut sein lassen können, mit der Trampelei in der Sonne. Aber nun standen wir an der Grenze zur Wachau, wo die kulinarischen Herrlichkeiten so dicht gedrängt zusammen sind, dass man ruhig vom Schlaraffenland sprechen kann. So ritt mich denn der Teufel und ich das Rad, ich schlug Mariannes besorgten Vorschlag aus, hier zu nächtigen und meinte, bis Spitz würde ich es auch noch schaffen. Da kenne ich mich aus, weiß, wo man unter dem Marillenbaum sitzt. Als dann noch ein Motorradfahrer vor uns ohne meine Einwirkung in der Kurve stürzte, nahm ich es als Omen, unmöglich an diesem Ort bleiben zu können. Also weiter über Aggsbach Markt, Willendorf (die Statue der Venus hat mich in keiner Weise tangiert, das Abbild entspricht überhaupt nicht dem heutigen Schönheitsideal), Schwallenbach.

Angekommen in Spitz hat mich dann der Feiertagstrubel doch etwas erschreckt. Marianne hatte auch noch kein Quartier, der Ort war so ziemlich ausgebucht. Man soll doch die Situation an einem
Feiertag vor dem Wochenende in einem sehr bekannten Touristenort nicht unterschätzen. Mithilfe der Zimmervermittlung gelang es uns dann doch, das vermutlich letzte Zimmer zu bekommen und es war noch ein sehr gutes, mit Donaublick und dem besten Badezimmer, das wir bisher auf dieser Reise betreten hatten.

Donaublick, Familie Stierschneider-Kurz Am Schopperplatz 3 , 3620 Spitz,

Nach dem Gewusel in Spitz war uns am Abend des Fronleichnamstages doch nach etwas mehr Besinnlichkeit beim Essen zumute und so fuhren wir mit dem Diesel hinüber nach Wösendorf, in den Gastgarten des Restaurants Florianihof, wo wir um 18 Uhr die ersten Gäste waren. Wir
bekamen einen vom Ostwind geschützten Platz und nahmen das Menü mit Weinbegleitung. Auf dem Weg zum manchmal Unvermeidlichen sah ich denn die Bilder mit der Prominentengalerie und erkannte auf Anhieb Paul Breitner. Er würde am nächsten Abend wieder erwartet, erzählte mir der Besitzer, Herr Mandl. Wein und Speisen haben uns gewöhnlichen Sterblichen aber auch gut geschmeckt.

Etwas traurig hat es uns gestimmt, als wir kürzlich erfuhren, dass der Florianihof 2014 wegen Insolvenz versteigert werden musste, er soll aber in gute Hände übergegangen sein.

Der bisher schon sehr ereignisreiche Tag hatte auch noch einen interessanten Ausklang. Unter einem Marillenbaum in Spitz sollte noch ein kleiner Absacker den Gaumen streicheln. Auf der Karte stand da eine für mich vollkommen unbekannte Weinsorte, der „Kalmück“. Erinnerte mich irgendwie stark an Donaumonarchie Österreich-Ungarn, an wilde Reiter und Steppe. Ob das historisch so richtig ist, konnte ich in dem Moment nicht feststellen. Geschmeckt hat der Kalmück wie ein grüner Veltliner und ist es auch. Irgendwie lustig fand ich es schon.

Fünfter Tag: Von Spitz nach Krems
Die Nacht verlief sehr ruhig. Trotz der exponierten Lage an der Durchgangsstraße haben wir gut geschlafen. Wenn böse Zungen behaupten, das läge aber nur an der Menge des genossenen Weines,
haben wir kein Argument, dies abzustreiten. Nachdem wir am Vortag dies angenehme Quartier gefunden hatten, wären wir gerne noch einen Tag geblieben. Aber leider mussten wir ausziehen, das Zimmer war vergeben und Spitz so voll wie mancher Zecher. Konnte ich also auch das Trampolin im Garten des „Donaublick“ nicht mehr benutzen. In der Wachau wollten wir schon noch bleiben, des Kulinierens wegen. 
Das hieß, spätestens in Krems war heute Radlerschluss.

Unterwegs kam ich dann an so ziemlich allen, mir bekannten Gourmet-Adressen der nördlichen Donauseite vorbei, in Wösendorf, Joching, Weißenkirchen. In Dürnstein führt der Radweg mitten durch Ort und Fußgängerzone und es war ein Trubel wie in New York. Nur enger. Auch in Oberloiben und Unterloiben sah ich die Lokale mit feinstem kulinarischen Erinnerungswert, es war eine einzige Versuchung. Zwischenzeitlich hatte Marianne wieder Not mit der Quartiersuche. Diese
war nach 25 km Radweg beendet, gerade noch am östlichen Rande der Wachau. Im Hotel zum goldenen Engel wurde noch eine Horde Radfahrer erwartet, die alle vorgebucht hatten. Aber weil ich früher anrollte, konnte ich mir das Zimmer noch aussuchen. Das war dann doch eine Riesenüberraschung. Die Fassade des 345 Jahre alten Hotels lässt schwer darauf schließen, was dahinter verborgen ist. Ich wählte die neu erstellte Luxussuite im Anbau, die erst nach langem Treppensteigen durch alle Verwinklungen des Hauses erreichbar ist. Die Suite besteht aus drei Zimmern mit Spaßbad und Dachterrasse mit Blick zum Stift Göttweig. Wir müssen eine der ersten Gäste überhaupt gewesen sein. Die Suite wurde erst kürzlich fertiggestellt, die Bügel waren noch eingepackt. Weitere zwanzig Stufen höher lag malerisch das Schwimmbad im Garten.

 

Hotel zum goldenen Engel, Familie Ehrenreich, Wienerstr. 41 3500 Krems, Österreich

„Frühstück ist von 6 bis 9 Uhr“, sprach die Inhaberin. „Ich weiß gar nicht, ob ich so lange essen kann“, habe ich ihr entgegnet. Die Inhaberin ist eine sehr fleißige und zuvorkommende Frau, ohne sie geht nichts bei Ehrenreichs. Sie ist bereits sehr früh auf den Beinen. Als sich Marianne am nächsten Morgen um halb fünf nach oben zum Schwimmbad begab – mangels Badekleidung, die im Auto verblieben war, ohne Textilien – war sie schon da und schaute nach dem rechten. Es gab keine Komplikationen, alle Männer schliefen noch. Jedoch zurück zum Vortag. Nachdem wir tagsüber mit mehr oder minder hängender Zunge fast alle
uns bekannten Gourmetadressen passiert hatten, hinderte uns nun nichts mehr. Also rein in das Auto, zurück nach Joching.

Prandtauer Hof, WEINGUT HOLZAPFEL A-3610 Weißenkirchen Joching 36

Der Prandtauer Hof ist für uns ein Synonym für gastronomische Höchstgenüsse. Gleichsam der Höhepunkt dieser Reise. Wir hatten ihn zuletzt vor circa 7 Jahren bei zwei aufeinander folgenden Reisen in die Wachau genossen und er ging uns seitdem nie aus dem Sinn. Es ist nicht nur die Spitzenküche, sondern das Gesamtkunstwerk aus Ambiente, Küche, Wein und Wohlbefinden, verstärkt durch die freundlichen Besitzer und das ausgesuchte Personal. Es gibt auch vier Zimmer bei Holzapfels. Sie waren an diesem Freitag nach Fronleichnam naturellement ausgebucht. Bis Sonntag, sagte man uns. So belud ich unseren Diesel zunächst einmal mit hausgemachten Köstlichkeiten. Marillenmarmelade, Marillenbrand und Weine vom Gut. Leise bedauernd, kein Zimmer mehr haben zu können, fuhren wir dann von dannen. Aber gemach, es sollte schon noch einen Nachschlag geben.

Sechster Tag: Von Krems nach Klosterneuburg
Als ich mich am nächsten Morgen auf das Rad schwang, ahnte ich noch nicht, dass am Abend der radlerische Teil der Reise beendet sein würde. Hätte ich mir aber denken können, denn meine neue Radlermütze war weg. Vorher hatten sich die Horden von Radfahrern aus vermeintlich allen Ländern der Erde wieder aus dem Hotel verabschiedet. In der Riesengarage wurden noch einige Radwechsel durchgeführt. Ich war bisher davon verschont geblieben, hatte ich doch zuhause die
„unplattbaren“ Reifen aufziehen lassen. So allein auf weiter Strecke und dann ein Reifenschaden? Reiner Horror.

Als Ersatz für die „PW-Mütze“ schnappte ich mir denn Mariannes rote Mütze aus dem Auto und schwang mich auf den Esel, der keinen Meter geht, wenn man ihn nicht mit eigener Körperkraft dazu zwingt. Von Krems über die Brücke, weiter nach Hollenburg, Traismauer, Zwentendorf, bis Tulln, was ja an sich schon eine respektable Strecke ist. Eigentlich ist Tulln wie geschaffen, um vor den Toren von Wien noch einmal zu übernachten und dann am Folgetag die letzte Kurz-Etappe
ganz gemütlich und langsam angehen zu lassen. Im malerischen Tulln traf ich Marianne im Schatten, gemütlich auf einer Bank an der Donaupromenade. Ihr war das passende Quartier noch nicht über den Weg gelaufen.
Na gut, dann stillten wir erstmal unseren Durst und konstatierten, welch beispielhafte öffentliche Toiletten- und Waschanlage Tulln seinen Donau-Besuchern bietet. Hut ab, liebe Tullner, ich habe so was Touristenfreundliches noch nie auf dieser Erde gesehen. Note 1.

Was nun? Ein kurzer Blick auf die Karte mit Entfernungsangaben und schon schwang ich mich wieder aufs Rad. Waren ja „nur noch“ 16 km bis Klosterneuburg. Irgendjemand muss sich aber bei der Erstellung der Karte einen fiesen Trick als Kilometerfalle für Radler ausgedacht haben.
Langenlebarn, Muckendorf, Zeiselmauer, Greifenstein, Höflein. Ich trat und trat in sengender Hitze gegen den bereits bekannten Gegenwind und der Kilometerzähler hatte die 25 km schon überschritten. Da hatte ich auch keinen besonders ausführlichen Blick mehr für die nackte
Schönheit, die da plötzlich verführerisch an einem idyllisch gelegenen Badesee lag. War auch gut so, der männliche Begleiter hatte mich schon sehr fixiert. Eine Badehose hatte ich auch nicht dabei.
Zwischenzeitlich hatte Marianne schon die nächste Odyssee bei der Hotelsuche hinter sich (kein Wunder, wenn Hotels über Nacht ihren Namen ändern), als ich nach 74 km Tagesstrampelleistung
(seit Passau über 300) am Bahnhof von Klosterneuburg eintraf. Dort war auch die Touristeninformation und das Vier-Sterne-Hotel, das empfohlen wurde und tatsächlich ein Zimmer und einen Parkplatz im Hof frei hatte. Wir bekamen das Romantikzimmer. So was ist Geschmackssache. Marianne fand es geschmacklos, mich störten die Alkoven nicht im Geringsten. Meine inzwischen dunkelbraun geschmorten Knie störten mich mehr, aber Marianne hat für so was immer eine Salbe im Gepäck.

Hotel Schrannenhof A-3400 KLOSTERNEUBURG, NIEDERMARKT 17-19

Ein Zimmer im Haus war „das Verlies“. Marianne meinte, da gehöre ich hinein. Ich habe nicht
widersprochen und fühlte mich

auch sofort schuldig, wenn ich auch in diesem Augenblick nicht so recht wusste, warum. Es gab aber auch ein Zimmer namens Kemenate. Ich schwöre, ich habe nur hineingeschaut.

Nun waren wir an diesem Tag tatsächlich an die Pforten von Wien gelangt. „Heurige und Schrammelmusik“, kam mir sofort in den Sinn. Dafür muss man auch nicht unbedingt nach Wien.
„Touristenfallen“, meinte man im Hotel. In Klosterneuburg gibt es etliche Heurige und zwar wirklich sehr gute. Natürlich sind wir am nächsten Tag auch in Wien gewesen. Diese Abenteuer möchte ich jedoch dem geneigten Leser ersparen. Warum mich die Polizei trotz mehrerer (unabsichtlicher) Vergehen beim Befahren der Wiener Innenstadt mit Fiakerkonkurrenz nicht festgenommen hat, erzähle ich höchstens guten Freunden. Wenden wir uns also den Heurigen-Lokalen in Klosterneuburg zu.

Buschenschank Aignerhof, Agnesstraße 12
3400 Klosterneuburg

Speisen muss sich der Gast der Buschenschänke an der Theke abholen und auch sofort dort bezahlen. Den Wein bringt die Bedienung. Was soll ich sonst noch viel erzählen, es war saugemütlich auch ohne Schrammelmusik und hat rundum geschmeckt an diesem Samstagabend, der meine ungedopte Radfahrerkarriere zunächst unterbrochen hat.
Am Sonntag, nach der Tour durch Wien, waren wir dann noch beim
Weinbau und Buschenschank Brigitte&Leopold Kerbl Heisslergasse 7, A-3400 Klosterneuburg

Es war nicht weniger gemütlich und gut, als am Tag vorher. Von Kerbl nahmen wir einige Flaschen Eiswein mit. Wann bekommt man schon solche Köstlichkeiten zu einem solch fairen Preis.

Vom Chorherrenstift hätten wir uns am nächsten Tag gerne noch einige Rotweinflaschen St. Laurent mitgenommen. Das Stift ist bekannt dafür und die Weine sind international ausgezeichnet (Exceptional in Chicago). Trotz mehrerer Hinweise fanden wir aber den Eingang zur Verkaufsstelle
nicht. Nach einer halben Stunde im Kreise laufen fühlte ich mich dann wie das Opfer aus „Verstehen sie Spaß?“ und verließ das Areal ohne Wein.

Rückreise, Prandtauer Hof

In Krems holten wir auf der Rückfahrt noch meine Radfahrermütze ab. Sie konnte nur im Hotel verblieben sein. Ich trage sie jetzt auch im Rheinland. Auf dem neuen Fahrrad von Bergamont mit 24 Gängen. Mein Hollandrad fährt jetzt eine junge Frau durch Kaarst. Ein angemessener Tausch.
Was jetzt folgt, hat mit Radfahren nichts mehr zu tun. Aber sehr viel mit Essen und Trinken und sich wohlfühlen. Meine durch sportliche Leistungen herbeigeführte Gewichtsabnahme würde keine Chance haben, bis nach Hause zu bestehen. Da war ich mir ziemlich sicher, es kam auch so. Der Prandtauer Hof in Joching hatte ja zum vergangenen  Wochenende alle Zimmer besetzt. Nun war Montag. Ein Zimmer und die Suite waren noch frei. Wir nahmen das Zimmer für 160 €.
Man muss nicht glauben, der Prandtauer Hof böte Hotelkomfort mit Hotelportier und Nachtwache. Braucht er auch nicht und wollten wir auch nicht. Er ist „nur“ ein Familienbetrieb. Weingut mit Restaurant und 4 Zimmer. Die „Zimmer“ haben jedoch höchsten Komfort und sind stilsicher und wertvoll eingerichtet. Als ich Herrn Holzapfel auf die nicht vorhandene Reklame ansprach, teilte er mir mit, dass sich das ändern würde. Hoffentlich macht er kein Zimmer-Schild an die Fassade.
Würde nicht zum Stil des Hauses passen. Aber es wird sicher bald vorbei sein mit dem Geheimtipp.
Leider. „Frühstück können Sie haben, solange Sie möchten“, teilte uns Frau Holzapfel mit. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, im Bogengang auf der ersten Etage zu speisen, Blick in den Hof einbegriffen. Und es gab u.a. natürlich die selbst hergestellte Marillenmarmelade. Leider hatte das Restaurant Ruhetag. Man kann nicht alles haben. Aber es eröffnet Chancen für etwas anderes.

Heurige gibt es auch in der Wachau, nicht nur um Wien herum. Eine von Herrn Holzapfels Empfehlungen nahmen wir an und fuhren hinüber nach Dürnstein, zum „Alter Klosterkeller“. Er hat tatsächlich eine ideale Lage, in 3 Etagen, oben mit Donaublick, war aber für mein Empfinden schon
mehr ein – einfaches – Restaurant, weniger ein typischer Heuriger.

Alter Klosterkeller Plätze: 200, Dürnstein 237
Sitzen Sie auf der schönsten Donauterrasse im Herzen der Wachau.


Dürnstein
Dürnstein ist ein Touristenzentrum a la Rothenburg ob der Tauber und an manchen Tagen fürchterlich überlaufen. Zweifellos die beste Lage weit und breit an der Donau hat das Hotel Schloss Dürnstein.

Nun standen wir also nach langer Zeit wieder auf der Terrasse des Schlosshotels mit dem direkten Donaublick von den vorderen Tischen.

JJJ
Jeder Weinkenner in Europa kennt das Synonym. Es steht für Josef Jamek Joching, dem bekannten Weinerzeuger. Herr Jamek ist nun schon in den 80igern und manche sagen, das Gut hätte an Renommee verloren, seitdem er es nicht mehr selber führt. Wir haben keine Weinprobe genommen, uns aber in den Gastgarten gesetzt. Vom Prandtauer Hof aus kann man in wenigen Minuten zu Fuß hingehen. Gelockt hat uns zunächst die Speisekarte, weil dort gleich zwei unserer Leibspeisen standen: Hechtnockerl und Kalbsbries. Es ist einfach erbauend, dort zu sitzen. Wir haben uns sehr wohlgefühlt, Speisen und Wein ergänzten sich harmonisch.

Weingut und Restaurant Jamek, A-3610 Joching 45, Wachau/Österreich,

Das Restaurant hat abends nur an Freitagen geöffnet. Sonst tagsüber. Samstag und Sonntag geschlossen. Dass man bei Jamek auch übernachten kann, war mir neu. Es gibt drei Zimmer und ein Appartement. Das Frühstück steht sonntags im Kühlschrank.

Auf Wiedersehen Wachau
Als mich Herr Holzapfel bei der Abreise befragte, ob es uns gefallen habe, konnte ich leider meiner fränkischen Lust an kleinen Provokationen, vermischt mit britischem Understatement und Wiener
Schmäh nicht widerstehen und antwortete: „Ich werde sagen, wenn mich jemand fragt, dass wir uns bei Ihnen nicht unwohl gefühlt haben.“ Herrn Holzapfel hat die Antwort nicht behagt. „Klingt nicht gut“, meinte er. Ich muss mich also dafür entschuldigen. Woher soll Herr Holzapfel wissen,
dass es ein Lob war, vergleichbar mit der Höchstnote beim Eislauf.

Die Liste der Mitbringsel spricht Bände: Von Bailoni in Stein bei Krems: Marillenlikör, Marillenkonfitüre, Marillensirup, Marillenschnaps, Marille mit Promille. Von Holzapfel:
Marillenbrand, Marillen mit Marillenbrand, Marillen Chutney, Marillenkerne. Von Dieplinger:
Weichselbrand, Kriecherlbrand. Aus Dürnstein: Marillen Badesalz, Marillenseife, Murmeltiersalbe, Mohn-Eierlikör. Und natürlich diverse Weine: Von Holzapfel und – wie bereits erwähnt – von Kerbl.
Probiert haben wir auch schon: Der Marillenschnaps von Holzapfel sticht den von Bailoni aus. Zumindest nach Prozenten. Und zum Frühstück nehme ich mir ganz gegen meine Gewohnheiten einen Löffel Marillenmarmelade von Holzapfels.

Nachklang
Wenn mir eines in Österreich immer wieder imponiert, so ist es die Qualität der Gastgärten. Kein Vergleich mit deutschen Biergärten. Es ist schon was anderes, eine große Wiese mit Baumbestand und gedeckten Tischen vor sich zu haben - z.B. beim Loibnerhof in Unterloiben - wo auch noch das gastronomische und vinologische Angebot Spitzenklasse ist. Kenne da nichts Vergleichbares in Deutschland, wo man sich in den Biergarten meist auf industriell vorgefertigte „Speisen“ stützt. Allenfalls in Franken und Bayern findet man dort, wo vernünftige Hausmannskost gereicht wird, einen Hauch von dem, was der Gast in Österreich oft geboten bekommt. Und auch die gute Sitte, teure Weine offen anzubieten, hat mich sehr angesprochen.
Zuletzt stelle ich mir die Frage, warum es in der deutschen Gastronomie so viele Italiener und Griechen, aber so gut wie keine österreichischen Lokale gibt. Es ist eine echte Marktlücke, unsere Donau-Nachbarn sollten sie nutzen. Ein Heuriger in Düsseldorf, wie fantastisch.

Heinz Elflein 2007

Aufgepäppelt 03.06.2022