Drei Könige Kapellen

Wer als Neusser Bürger auf die Idee kommt, im Dreieck zwischen Düsseldorf, Mönchengladbach und Köln nach Gaumenfreuden zu suchen, was ja nicht gerade ein Hit ist, wird vielleicht im Internet das Suchwort „Restaurants in Grevenbroich“ eingeben. Wir haben es getan und von Tripadvisor die Schlagzeile „Die zehn besten Restaurants in Grevenbroich“ erhalten. Das „Drei Könige“ ist demnach die Nummer eins. Nur, es liegt nicht in Grevenbroich, sondern in Kapellen an der Erft, das 1975 eingemeindet wurde.
Wir kamen am 09.08.17 kurz nach 18 Uhr an und waren die ersten Gäste, die sich aussuchen konnten, wo sie sitzen sollten. Wir blieben im vorderen Teil, was als „Bistro“ bezeichnet wird. Um die Ecke, ohne weitere Schwellen, beginnt das Restaurant. Geht man hindurch, kommt man in den idyllischen Garten.
Jetzt ist es so, dass die Speisekarte im Bistro nicht ganz identisch mit der im Restaurant ist. Obwohl sie offensichtlich von der gleichen Küche des Familienbetriebes bedient werden. Die Familie ist seit 28 Jahren Inhaber des Hotel-Restaurants. Tanja Bäumges ist die Inhaberin.
Das hat zur Folge, dass die Speisen in Bistro und Restaurant zwar eine gewisse Schnittmenge haben, aber nicht vollständig identisch sind. Weil ich mir die Karte schon vorher auf der Internetsite angesehen hatte, freute ich mich auf Kalbsbäckchen und Pulpo-Carpaccio. Gab es aber offiziell im Bistro nicht und die Seniorchefin wollte sich auch nicht erweichen lassen. Anders der ältere Herr, der aus der Küche herauslugte und den ich fragte, ob er der Chefkoch sei. Was er in Abrede stellte, er sei nur der Kartoffelschäler. Aber er sagte mir die Pulpos zu, weil er ja genügend Zeit hätte.
Streit zwischen Chefin und Kartoffelschäler gab es aber nicht, weil der Kartoffelschäler auch Seniorchef und Vater der Inhaberin ist.

Wir bestellten also Pulpo-Carpaccio, Carpaccio vom Angus-Rind mit Trüffel-Vinaigrette, Kotelett vom Duroc-Schwein mit Pfifferlingen und Pfeffersauce und Düsseldorfer Senfrostbraten mit Speckböhnchen und Röstkartoffeln. Dazu einen badischen Grauburgunder. Danach Creme-brulee.
Das Carpaccio vom Angus-Rind schmeckte sensationell gut, was zweifellos der Trüffel-Vinaigrette geschuldet war. Mit dem Pulpo war ich sehr zufrieden, obwohl ich von der Zubereitung eigentlich etwas anderes erwartet hatte. Sehr schmackhaft und saftig im Fleisch das Kotelett vom Duroc-Schwein, rundum gelungen und apart gewürzt das gesamte Gericht. Marianne war von dem Senfrostbraten etwas irritiert, weil sie statt der Speckböhnchen Dicke Bohnen erwartet hatte, landläufig auch als Saubohnen bekannt, die man aber heutzutage niemandem mehr zumutet. Das Fleisch musste sie etwas nachwürzen, wozu der Chefkoch-Seniorchef die plausible Aussage lieferte, das sei gewollt. Er war auf eine modernere Art zubereitet, als Marianne es von früheren Zeiten kennt.

Insgesamt durchaus eine kulinarische Bereicherung für uns im Neusser Hinterland, das zu Grevenbroich gehört und eine Adresse, wo wir gerne – auch mit guten Freunden – wieder hingehen werden.
August 2017

Zwischenzeitlich waren wir einige Male wieder mal da und sind jedes Mal zufrieden aufgestanden, wobei wir darauf achteten, einen Tisch im Restaurant und nicht im Bistro zu bekommen.
Die Seniorchefin ist leider 2020 verstorben.
Was uns in den letzten Monaten kulinarisch auffiel, waren die neuen Geschmackskomponenten, ein Feuerwerk von Gewürzen, vornehmlich zu den asiatischen Speisen. Vorspeise: Asiatische Köstlichkeiten. Das hat uns auf den Geschmack gebracht, die „Asia-Box“ zu bestellen und zu uns nach Hause zu holen. 30 Minuten mit dem Pkw. Corona hat dazu geführt, dass das Lokal leider geschlossen bleibt. Ich muss sagen, noch nie in meinem nicht ganz so kurzem Leben so wohlschmeckend asiatisch gegessen zu haben. Es stellt die allerorts in unserer Umgebung vorhandenen chinesischen Restaurants, die ich mehr als Billig-Abfütterungsküchen bezeichnen würde, total in den Schatten. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Offenbar hat der Künstler in der Küche, der sich selbst bescheiden als Kartoffelschäler bezeichnet, in holländischen Küchen spioniert, wie uns seine Tochter – mit einer gepflegteren Wortwahl – mitteilte.
Ich glaube, in Kapellen residiert ein Sternekoch. Die Gourmetpäpste haben es nur noch nicht bemerkt. Oder doch? Wer jetzt bestellt, kann schon aus der umfangreichen Spargelkarte ordern.
Heinz Elflein
21.03.2021

Am 24.03.2022 waren wir wieder da. Donnerstags gibt es immer das "Amouse boche" Menü. Das heißt "appetitanregendes, kleines und somit mundgerechtes Häppchen". Wenn man die Auflistung zum ersten Mal sieht, könnte es sein, dass man es für ein Auswahlmenü hält.


Dem ist aber nicht so. Es gibt jedes Häppchen. Immer drei auf einmal. Das führt aber nicht zur Völlerei. Der Durchschnittsgast wird satt, mehr nicht und kann sich fünf mal nacheinander die Lippen ablecken. Oder auch öfter.
Weil das Restaurant an diesen Abenden immer gut gefüllt ist, muss man sich allerdings auf Wartezeiten und Pausen zwischen den Gängen einstellen.
Lange ist es uns nicht gelungen, den Superkoch, der sich als Kartoffelschäler tituliert, vor die Kamera zu bekommen. Er fühlte sich immer nicht perfekt in Schale. Das fanden wir nicht, wollten ja keinen Beau im Smoking, sondern den Koch in seiner ganz normalen Genialität. Nun ist es uns gelungen. Sie sehen hierunter Herrn Gerd Bäumges, wie er leibt und kocht.

Küchenchef Frank vom Dorp ist auch fast nie zu sehen. Wenn die Zeitung ein Bild machen möchte, zeigt er dann doch gerne den vollen Teller zusammen mit Gerd Bäumges. Möchte nun aber wirklich gerne wissen, wie das mit dem Kartoffelschälen ist, ob es da eine Hierarchie gibt.

Warum so ernst?
Die Herren, die hier so martialisch schauen, sind nette Kerle. Vielleicht wären sie besser von einer aparten Dame fotografiert worden.
Ich halte es aber durchaus für angemessen, wenn die Superingenieure feinster Gabelspitzen still in der Küche agieren und die holde Weiblichkeit den Gast persönlich umsorgt. Der muss ja auch etwas fürs Auge haben.

Wir haben uns wieder supersauwohl gefühlt.
Heinz Elflein
25.03.2022